Röhrenendstufe

30 Watt Verstärker in Ultralinearschaltung

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Spannungsversorgung  Klangsteller  Endstufe  Pegelanzeige  Betriebsstundenzähler 


Dies ist keine Schritt für Schritt Bauanleitung sondern mag als Anregung für eigene Arbeiten dienen.
Ich biete keine Platinen oder Bauteile zum Verkauf an.

ein Röhrenverstärker steht auf einer Glasplatte in einem leicht abgedunkeltem Raum
Das Gerät in edlem Ambiente

Ausgangsleistung:2 x 30 W bei 1 % Gesamtklirrfaktor
2 x 38 W bei 5 % Gesamtklirrfaktor
Störspannungsabstand:101 dB bei Vollaussteuerung
Frequenzgang (-1dB) bei 1 W Ausgangsleistung:< 10 Hz bis 21 KHz
Frequenzgang (-1dB) bei 30 W Ausgangsleistung: 30 Hz bis 20 KHz

Meinen ersten Röhrenverstärker baute ich im Alter von 13 Jahren aus Bauteilen welche aus Fernsehern vom Sperrmüll ausgebaut waren. Mit 4 Stück PCL 805 in Gegentaktschaltung lieferte er etwa 2 mal 3 Watt, als Ausgangsübertrager "missbrauchte" ich damals 2 Netztrafos mit ganz passablem Ergebnis.
Die Schaltung war angelehnt an Prinzipschaltbilder aus dem Buch "Der praktische Schwachstrominstallateur" aus dem Jahre 1955.
Auch dieses Buch stammte natürlich vom Sperrmüll.
Die 3 Trafos und 4 Röhrenfassungen waren auf ein Holzbrett geschraubt und Reißzwecken dienten als Lötstützpunkte.
Da stellt sich mir die Frage: womit beschäftigen sich eigentlich heute 13-jährige junge Menschen so?
Nun ja, ein viertel Jahrhundert später bekam ich auf jeden Fall erneut Lust auf den Klang eines Röhrenverstärkers und auf das Glühen so eines Gerätes, das ja auch etwas fürs Auge ist. Nebenbei liefern die Röhren im Winter auch eine beachtliche Stützwärme. Smiley

Röhrenendstufe
Verstärker im Rack
Dieses mal sollte aber bitte alles berührungssicher in einem vernünftiges Gehäuse eingebaut sein, ohne Holzschrauben und Reißnägel und mit ordentlichen technischen Daten und ein paar nützlichen Extras.
Die Zeitschrift Elrad hatte in den 1980ern und 1990ern diverse Bauvorschläge und auch Jogis Röhrenbude bietet zahlreiche Anregungen für einen Nachbau.
Wegen der Kosten und der leichten Beschaffbarkeit entschied ich mich für einen Schaltung mit EL 84 als Endröhren.
Und wenn schon mal ein Netzteil für Heizung, Anodenspannung und diverse Hilfsspannungen geplant ist könnte doch auch noch ein Klangsteller und eine Pegelanzeige in Röhrentechnik im Gehäuse Platz finden.
Und so entstand dann im Jahr 2004 das hier vorgestellte Gerät.
Die Endstufe ist eine typische Gegentaktschaltung mit der EL 84 wie sie oft zu finden ist.
Der Klangsteller ist eine Abwandlung des Vorschlages aus Elrad 10/1989 der im Original bei mir nicht stabil lief.
Die Pegelanzeige kann mit magischen Bändern EM 800, EM 84 oder alternativ russischen Glimmröhren IN 9 aufgebaut werden. Letztere sind allerdings in der Helligkeit nicht gut beinflussbar und der Hersteller garantiert nur eine Betriebsdauer von lediglich 1000 Stunden.
Da die langen IN 9 auch optisch nicht gut zu dem Gerät passen, verwende ich sie letztendlich nicht.
Um einen Überblick über die Betriebsstunden zu haben vervollständigt ein Betriebsstundenzähler, für jede Röhrengruppe getrennt, die Ausstattung.
Passend entworfene Platinen ermöglichen einen einfachen Aufbau.
Für das Gehäuse habe ich Aluminiumblech schneiden und abkanten lassen, die Durchbrüche von Hand ausgeführt und dann pulverbeschichten und die Frontplatte bedrucken lassen. Trafohauben in der Größe für die AT sind leider nicht käuflich zu erwerben und wurden aus Messingblech angefertigt.
Das Design ist vielleicht etwas ungewöhnlich aber das Gerät sollte optisch zum Vorverstärker darunter passen. (nach Elrad 6/1985)

sanftes Glüen der Röhren bei abgedunkelter Beleuchtung
Lichtspiele
Ein Freund mit dem nötigen Messequipment hat abschließend freundlicherweise die technischen Daten des fertigen Gerätes ermittelt.
Dabei stelle sich jedoch eine erhebliche Enttäuschung ein als mit Mühe 28 Watt pro Kanal bei 10% Klirrfaktor errreicht wurden.
Die Endstufe sollte eigentlich rund 2 mal 40 Watt abgeben können.
Die Fehlersuche ergab dass der Lieferant der Ausgangsübertrager eine fehlerhafte Anschlussbelegung beilegte.
Nachdem die Trafowicklungen richtig angeschlossen waren ergaben sich die in der obigen Übersicht aufgelisteten Daten.
Damit war ich zufrieden.

Spannungsversorgung

Detailaufnahme der Frontplatte mit Kopfhörerbuchse, Netzschalter und Status-LEDs
alle wichtigen Spannungen vorhanden
Die Röhren werden mit Gleichspannung beheizt die nach dem Einschalten über 20 Sekunden langsam bis zum Nennwert hochgefahren wird. Als Längstransistoren im Heizspannungsregler werden Leistungs-FETs eingesetzt. Damit die Gates sicher angesteuert werden wird der Spannungsregler LM 723 mit 30 Volt Betriebsspannung versorgt.
Alle Röhrenstufen außer den Endröhren erhalten 20 Sekunden nachdem die Heizungsspannung ansteht stabilisierte 290 Volt. Auch diese Spannung wird langsam hochgefahren.
Die Betriebsspannung von 380 Volt für die Endstufen wird nach weiteren 20 Sekunden zugeschaltet.
Das Netzteil liefert zusätzlich noch Hilfsspannungen von +/-30 Volt und +/-15 Volt. Das Anliegen der wichtigsten Spannungen zeigen die 4 LEDs neben dem Netzschalter an. Nach dem Einschalten leuchten sie innerhalb von 60 Sekunden nacheinander auf. Hilfreich um eventuell ausgelöste Sicherungen auf der Geräterückseite zu identifizieren.

Klangsteller

Elektonenröhren auf einer Platine
2 polnische "Gastarbeiter"
Der Klangsteller besteht pro Kanal aus beiden Systemen einer ECL 86. In einem von 2 Gegenkopplungszweigen befindet sich das passive frequenzbestimmende Glied. Der Einstellbereich ist bewußt auf +/- 6dB begrenzt, das genügt für Korrekturen der Raumakustik.
Die vorgesehene ECL 86 kostet leider um die 40 Euro (Stand 2004) und Ersatz wird in Zukunft nicht preiswerter werden.
Hier war Handlungsbedarf.
Ein Vergleich der Datenblätter von ECL 86 und PCL 86 ergab, dass die Systeme völlig identisch sind und lediglich die Heizspannung der seriengeheizten PCL 86 mit ca. 13 Volt höher ist als die 6,3 Volt der E-Röhe.
Normalerweise kann man E- und P-Typen nicht untereinander tauschen, da die Unterschiede bedeutend sind. Diese Röhren sind jedoch eine erfreuliche Ausnahme.
Zwei PCL 86 aus polnischer Produktion für 1 Euro/Stück, leicht unterheizt mit 12,6 Volt tun daher seit Anfang an klaglos ihren Dienst.
In Schalterstellung "linear" wird das NF-Signal am Klangsteller vorbei geleitet. Hier sind Reedrelais des Typs RSL-24V von SDS mit Schutzgasfüllung und Goldkontakten eingesetzt, das bleibt über viele Jahre betriebssicher.

Endstufe

Detailaufnahme einer Frontplatte mit Beschriftung und Bedienelementen
linkes Bedienfeld
Die Schaltung der Endstufe weist keine Besonderheiten auf: Die Doppeltriode ECC 83 arbeitet als Vorstufe und Phasenumkehrung und 4 Stück EL 84 (davon jeweils 2 parallel geschaltet) wirken im Gegentakt auf einen Ausgangsübertrager mit Schirmgitterwicklung. Eine leichte Gegenkopplung dient der Linearisierung. Der Anodenruhestrom kann vom Benutzer auf 16 mA oder 32 mA geschaltet werden.
Bei kleinen Abhörlautstärken genügen 16 mA für einen geringen Klirrfaktor und verringern Leistungsaufnahme und Alterung der Röhren geringfügig.
Statt der ECC 83 können auch russische 6N2P als Vorstufenröhren eingesetzt werden.
Die erforderliche Verdrahtungsänderung für die Heizung ist ohne Löten herstellbar.

Pegelanzeige

zwei magische Leuchtbänder EM 800 in einer Schaltung leuchten auf
EM 800 bei der Arbeit
In der vorliegenden Schaltung sind EM 800 oder ähnliche magische Bänder als Leistungsanzeige einsetzbar und über das Bedienfeld des Betriebsstundenzählers in der Helligkeit einstellbar.
Russische IN 9 auf eigener Steuerplatine können auch gesteckt werden, sie sind jedoch nur bis ca 80% abdimmbar sonst "verschmiert" das Anzeigebild zu stark.
Als Skala soll später noch ein Acrylglasaufsteller mit gelaserter Skala zwischen den Röhren Platz finden.
Zur Ansteuerung der Anzeigeröhren gelangt die NF-Ausgangsspannung auf einen Vollwellenspitzenwertgleichrichter und anschließend auf einen analogen Logarithmierer. Dieser ist eine relative einfache Konstruktion aus 2 entsprechend beschalteten Operationsverstärkern. Die übliche Beschaltung zur Temperatur- und Offsetkompensation erwies sich in einem frühen LED-Peakmeter als leidlich unbrauchbar, weshalb ich hier anders vorging:
Es sind 2 identische Logarithmierer aufgebaut, ein Zweig wird mit dem Nutzsignal angesteuert, der Eingang des andere Zweiges liegt auf Masse. Die Differenz der Ausgangssignale beider Zweige wird dann aufbereitet und auf die Anzeigeröhren gegeben. So eliminieren sich ohne jegliche Kalibrierung temperatur- und offsetabhängige Drifts weitgehend.
Damit dies funktioniert müssen die eingesetzten ICs LM 324N selektiert werden. Von 10 Stück funktionieren ein oder 2 wie gewünscht, die übrigen laufen teilweise weit aus dem Arbeitspunkt raus.
Für eine nächste Revision würde ich die Logarithmierung von einem kleinen Mikrocontroller vornehmen lassen.
Ein 20 dB-Abschwächer vervollständigt die Schaltung. So wird Vollausschlag wahlweise bei 0,3 oder 30 Watt erreicht.

Betriebsstundenzähler

ein beleuchtetes LC-Display
Betriebsstunden der EM 800
Der Betriebsstundenzähler summiert die Aufheizphasen und, für jeden Röhrentyp getrennt, die Betriebsstunden.
Die Stunden für die EL 84 werden bei 16 mA Anodenstrom nur mit 70% angerechnet, für die EM 800 werden sie abhängig von der Helligkeitseinstellung gewichtet gezählt. Dieser Schaltungsteil steuert auch die Helligkeiten für die Anzeigeröhren und die 4 Einschaltanzeige-LEDs. Ohne den Gehäusedeckel öffnen zu müssen kann man sich ebenfalls einzeln den Kathodenstrom der 8 Endröhren anzeigen lassen. Die Displayhinterleuchtung verlischt einige Sekunden nach der letzten Bedienung. So ist die Anzeige auch im Dämmerlicht abzulesen ohne zu blenden.